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ESN auf der Konferenz über das soziale Investitionspaket


Im belgischen Löwen diskutierten Politiker, Wissenschaftler und Vertreter der Zivilgesellschaft am 2. und 3. Mai über die Umsetzung des sozialen Investitionspakets innerhalb der EU-Politikfelder und nationalen Wohlfahrtssysteme. Das Europäische Soziale Netzwerk wurde bei diesen Gesprächen von ESN-Geschäftsführer John Halloran und ESN-Mitglied Steinar Eggen Kristensen vertreten. Das von der Europäischen Kommission am 20. Februar herausgebrachte Soziale Investitionspaket wurde wegen seiner Konzentration auf die Weiterentwicklung des Potenzials der Betroffenen von ESN begrüßt.


Ziel der Konferenz war die Erörterung der Frage, wie sich europäische Wohlfahrtsstaaten unter finanziellem Druck reformieren und soziale Investitionen auf kommunaler und nationaler Ebene umsetzen lassen. Eröffnet wurde die Konferenz von der irischen Ministerin für Sozialschutz, Joan Burton: „Die Sparpolitik stand zu lange im Vordergrund. Jetzt ist es an der Zeit, in die wertvollste Ressource zu investieren – nämlich unsere Bürger.“ Maurizio Ferrera, Professor an der Universität Mailand, wies auf das aktuelle „soziale Ungleichgewicht“ hin, das zum Beispiel durch ein verschieden hohes Maß an Jugendarbeitslosigkeit verursacht wird. Es sei dringend notwendig, durch sofortiges Handeln einem „demokratischen Desaster“ aufgrund der unbeliebten Sparmaßnahmen vorzubeugen.


Frank Vandenbroucke, Professor an der Katholischen Universität Löwen, betonte die Wichtigkeit von integrierten Strategien: „Im Bereich der Kooperation besteht Verbesserungsbedarf, aber die Regierungen, Agenturen und regionalen bzw. kommunalen Behörden sollten bei der Umsetzung sozialer Investitionen miteinander auf höchster Ebene reden und zusammenarbeiten.“ Ebenso merkte er an, dass es für die Mitgliedstaaten keine „Einheitslösung“ gebe: „Jeder Wohlfahrtsstaat ist anders; wir müssen die Mitgliedstaaten dazu ermutigen, Initiativen mit Ergebnissen zu entwickeln und zu bewerten.“



„Wir wissen, dass wir wohl kaum in der Lage sein werden, die öffentlichen Ausgaben zu erhöhen. Deshalb stellt sich die Frage: Wie können wir die öffentlichen Dienstleistungen so reformieren, dass sie effizienter und wirksamer werden?“, erklärte John Halloran auf der Konferenz und fügte hinzu: „Wohlklingende neue Konzepte wie soziale Investitionen sind von geringem Nutzen für die Familie eines schwerbehinderten Kindes in einer dünn besiedelten ländlichen Umgebung weitab von spezialisierten Einrichtungen des Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesens. Diese Lücken müssen wir genauestens untersuchen und darauf hinarbeiten, sie auf innovative Weise zu schließen.“



Um sich einen besseren Eindruck von den Auswirkungen der Krise auf das Sozialwesen zu verschaffen, besuchte ESN vor Kurzem öffentliche soziale Dienste in Griechenland, Portugal und Cataluña. In diesen Ländern haben die Sparmaßnahmen und die wachsende Zahl der Betroffenen dazu geführt, dass statt eines fördernden und emanzipierenden Ansatzes wieder stärker traditionelle Sozial- und Nothilfemaßnahmen im Vordergrund stehen, wie z. B. Suppenküchen und Tafeln.


Die ESN-Arbeitsgruppe „Management, Leistung und Innovation“ beschäftigt sich mit konkreten Beispielen für die Verwaltung des Sozialwesens und evidenzbasierte Praxis und betrachtet soziale Investitionen als positive Entwicklung. Ein Mitglied der Arbeitsgruppe, Steinar Eggen Kristensen, Direktor für Arbeit und Soziales der dänischen Gemeinde Randers, stellte auf der Konferenz Beispiele für kommunale soziale Investitionen vor. Steinar beschrieb, wie seine Gemeinde einen Anstieg der Betroffenenzahlen um 20 % bewältigte. Das Sozialamt von Randers investierte in eine Emanzipation der Betroffenen – darunter Kinder und Menschen mit Behinderungen oder psychischen Problemen,entwickelte Lösungen für ambulante Betreuung, und konzentiert sich auf die Wirksamkeit von sozialen Dienstleistungen. Steinar erläuterte ein Beispiel für die Umgestaltung der Dienstleistungen: „Wir haben 3 Millionen Euro in die Schulung und Unterstützung von Pflegeeltern investiert, um den Anteil der Kinderbetreuung in Heimen zu senken – das ermöglichte außerdem in einem Jahr Einsparungen in Höhe von 7,5 Millionen Euro.“ Seine Präsentation können Sie hier sehen.


ESN wird sich auch künftig darauf konzentrieren, konkrete Praxisbeispiele für soziale Investitionen und seine thematischen Prioritäten wie Investitionen in Kinder, aktive Eingliederung und Langzeitpflege weiterzugeben. Schon heute prüft ESN, in welchem Umfang die nationale Politik den Empfehlungen für Investitionen in Kinder entspricht. Ebenso unterstützen wir die Arbeitsgruppe für Langzeitpflege des Ausschusses für Sozialschutz bei ihrer Nachverfolgung des sozialen Investitionspakets. Die kommende ESN-Konferenz 2013 in Dublin bietet die Gelegenheit, sich in Zeiten einer starken wirtschaftlichen Belastung der öffentlichen Träger neu auf eine „Veränderung des Lebens“ zu konzentrieren.