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ESN-Arbeitsgruppe


Die ESN-Arbeitsgruppe zum Thema „Führung, Leistung und Innovation“ traf sich im Dezember 2012 zu einer Sondersitzung über evidenzbasierte Praxis. Das Gruppenmitglied John Powell (GB) erklärte hierzu: „Als Einkäufer erwarte ich hochwertige, effiziente und effektive Dienstleistungen.“ Karine Lycops (Belgien) fügte hinzu, sie sei bei ihren Diskussionen mit Kommunalpolitikern auf eine stärkere Evidenzbasis angewiesen. Diesen Aspekt bezeichnete auch Bruno Marcato (Italien) als wichtig, dessen Etat 2012 und auch dieses Jahr wieder um je 4% gekürzt wurde. ESN-Referent Alfonso Lara Montero erläuterte zur Einführung in die Versammlung, welche Arten von Daten zur Entwicklung evidenzbasierter Strategien benötigt werden, wie neue Praktiken als Nachweis für funktionierende Methoden dienen können und welche Hindernisse es bei der Anwendung von Nachweisen gibt.


Das britische Institut für Qualität im Sozialwesen (SCIE) ist eine auf Verbesserung ausgerichtete Agentur, die Fachkräften Nachweise zur Verfügung stellt. Das Institut hat fünf Arten von Wissen identifiziert: organisatorisches Wissen, Wissen von Fachkräften, Wissen von Betroffenen, Forschungswissen und politisches Wissen der Gemeinschaft. Bei der Rahmenbewertung des SCIE werden sechs Dimensionen berücksichtigt:


  1. Transparenz – lässt es sich überprüfen?

  2. Genauigkeit – ist es gut fundiert?

  3. Zweckmäßigkeit – eignet es sich für den beabsichtigten Zweck?

  4. Brauchbarkeit – eignet es sich für eine Verwendung?

  5. Angemessenheit – ist es legal und ethisch?

  6. Verfügbarkeit – ist es verständlich?

Sarah Carr vom SCIE erläuterte die Arbeit des Instituts und erklärte, die Forschungsergebnisse müssten den Fachkräften und Betroffenen verständlich gemacht werden. Marie-Paule Martin-Blachais (Frankreich) merkte an, dass die evidenzbasierte Praxis eventuell auch bei der Ausbildung von Fachkräften des Sozialwesens berücksichtigt werden müsse, um für Bewusstsein und Offenheit gegenüber dieser Praxis zu sorgen.


Die Europäische Allianz für Familien hat eine Datenbank von „funktionierenden Praktiken“ für Familien aufgebaut. Das Modell wurde von Stijn Hoorens von RAND Europe vorgestellt, der erklärte, dass eine Praxis nachweislich wirksam, übertragbar und nachhaltig sein müsse, um als „beste Praxis“ zertifiziert werden zu können. Wenn sie lediglich wirksam sowie entweder übertragbar oder nachhaltig sei, würde sie als „vielversprechende Praxis“ eingestuft. Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei die Entwicklung von evidenzbasierten Praktiken noch wichtiger geworden, denn „das Gebot, öffentliche Gelder sinnvoll zu verwenden, gilt heute noch stärker“.


Die öffentlichen Träger müssen nicht nur die bisherigen Praktiken überprüfen, sondern auch innovative Modelle entwickeln, um den vorhandenen oder neuen sozialen Bedürfnissen besser gerecht zu werden. Auch die EU-Kommission hat die Notwendigkeit einer „sozialen Innovation“ anerkannt; 2010 brachte das Beratergremium für europäische Politik (BEPA) den Bericht „Empowering People, Driving Change“ („Emanzipation der Betroffenen und Steuerung von Veränderungen“) heraus. Die Koautorin Agnès Hubert betonte, dass eine „soziale Innovation“ von sozialen Mitteln und Zwecken geprägt sein müsse. Viele EU-Programme hätten soziale Innovation gefördert, ohne sie als solche zu bezeichnen; unter Umständen handle es sich auch bei sozialen Trägern um Akteure der sozialen Innovation, auch wenn dies ihnen oft nicht bewusst sei.


ESN-Geschäftsführer John Halloran erklärte abschließend, dass sich Forschung und Evidenz neben sozialen Werten, Berufsethik, Menschenrechten, politischen Prioritäten und wirtschaftlichen Realitäten zu neuen Faktoren bei der Entwicklung von Politiken und Gestaltung von Dienstleistungen entwickeln könnten. Karine Lycops merkte an, dass „gute Direktoren auf Evidenz achten müssen“, weil es den Fachkräften mit unmittelbarem Kontakt zu den Betroffenen dazu oft an Zeit fehle. Für die Forschung möchten mehrjährige Bewertungsprogramme interessant sein, doch in der Praxis seien die mit den Betroffenen arbeitenden Fachkräfte auf kurzfristige Ziele und Indikatoren angewiesen, um die Ergebnisse zu kontrollieren.


Quellen