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Als Folge der Covid-19-Pandemie ist Gewalt gegen Kinder gestiegen und der Handlungsbedarf noch deutlicher geworden, da die Präventions- und Interventionsmaßnahmen unterbrochen werden mussten.

In ganz Europa gibt es Kinder, die missbrauchsgefährdet sind, sei es körperlich, sexuell, emotionell oder psychologisch. Trotz zunehmender Verurteilung durch internationale und nationale Institutionen und einer wachsenden Zahl von Gesetzen, Richtlinien und Praktiken zum Schutz von Kindern, bleibt Gewalt eine harte alltägliche Realität im Leben vieler Kinder.

Öffentliche Sozialdienste haben die gesetzliche Pflicht, alle Kinder vor Gewalt zu schützen, wobei diese Pflicht über die Sozialdienste hinausgeht und für alle öffentlichen Einrichtungen gilt, die mit Kindern arbeiten. Mitglieder des Europäischen Sozialen Netzwerks (ESN), die in öffentlichen Diensten für Kinderschutz zuständig sind, betonen, dass sie sich in ihrer täglichen Arbeit in erster Linie von Artikel 3 zum Wohl des Kindes der UN-Kinderrechtskonvention leiten lassen. Dennoch gibt es einige Fragen, wie sich sicherstellen lässt, dass das Wohl des Kindes effektiv verwirklicht wird.

Umgang mit Gewalt gegen Kinder

Es gibt drei übergreifende Fragen, die auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene angegangen werden sollten, wenn wir Gewalt gegen Kinder im Einklang mit den internationalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) – die zur Beendigung aller Formen von Gewalt gegen Kinder verpflichten – beseitigen wollen.

Die erste Frage betrifft die Wechselbeziehung und gegenseitige Abhängigkeit der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), insbesondere wenn wir über Gewalt gegen Kinder sprechen. Im Kontext der SDGs können wir nicht hoffen, Gewalt gegen Kinder adäquat anzugehen und zu beseitigen, ohne uns mit Armut, Gesundheit, Bildung, Geschlechterverhältnissen, sozialer Ausgrenzung oder Fragen nach einer friedlichen Gesellschaft zu beschäftigen.

Zweitens kann die Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder nicht als internationale Agenda, die nur für Länder außerhalb der europäischen Grenzen relevant ist betrachtet werden – genauso wenig wie die SDGs selbst. Fünfundfünfzig Millionen Kinder werden in Europa jährlich Opfer von Gewalt – eine Zahl, die sich durch die Covid-19-Pandemie noch verschärfen wird. Dies zeigt, wie notwendig integrierte und koordinierte Strategien auf nationaler und kommunaler Ebene sind, um auf die Gewalt gegen Kinder in den europäischen Ländern zur reagieren.

Drittens muss der Schwerpunkt auf integrierte und ganzheitliche Systeme verlagert werden, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention verankert sind, und die Kinder ins Zentrum der Konzeption und Erbringung von Hilfsangeboten gestellt werden, um auf deren Bedürfnisse einzugehen.

Teufelskreis der Gewalt durchbrechen

Es gibt zwei wesentliche Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um sicherzustellen, dass die Gewalt gegen Kinder aufhört, und die maßgeblich in Hand der öffentlichen Sozialdienste liegen. Die erste Maßnahme ist die Schaffung eines Paradigmenwechsels hin zu gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention verankert sind. Die zweite Maßnahme besteht darin, in die Sozialdienste und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren. So können diese darin bestärkt werden, besser auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen, auf Verhaltensänderungen hinzuarbeiten, um Gewalt vorzubeugen, und effektiver auf Vorfälle zu reagieren, sobald diese auftreten.

Bei der jüngsten Sitzung unserer Arbeitsgruppe zu den SDGs haben wir gelernt, dass dieser Paradigmenwechsel in Frankreich und Schottland bereits im Gang ist. Jedoch müssen diese Prinzipien über alle Ebenen der Verwaltung hinweg und von allen beteiligten Fachleuten geteilt werden. »Wir müssen sicherstellen, dass alle die gleichen Prinzipien teilen, um ein besseres Verständnis und eine bessere sektorübergreifende Zusammenarbeit zu gewährleisten« erklärte Marie-Paule Martin-Blachais von der Schule für Kinderschutz in Frankreich.

Innerhalb dieses Paradigmenwechsels ist es von entscheidender Bedeutung, die Schlüsselrolle der öffentlichen Sozialdienste hervorzuheben – sowohl was die Prävention von gesellschaftlichen und familiären Verhaltensweisen als auch die richtige Form rechtzeitiger Intervention betrifft. Als gesetzliches Organ, das für den Schutz von Kindern vor Gewalt verantwortlich ist, sollten die Sozialdienste die notwendigen Investitionen erhalten, damit sie mit den Instrumenten ausgestattet werden können, die den Kampf gegen Gewalt an Kindern tatsächlich ermöglichen.